Anonyme Kununu-Bewertungen können Unternehmen erheblich schädigen. Das OLG Hamburg hat im Februar 2024 neue Rechtswege eröffnet.
Wir bei sterne-advo Rechtsanwaltsgesellschaft mbH zeigen Ihnen, wie Sie den Verfasser einer Kununu-Bewertung ermitteln können. Die Rechtslage hat sich zugunsten betroffener Arbeitgeber entwickelt.
Rechtliche Grundlagen zur Verfasserermittlung bei Kununu-Bewertungen
Urteil des OLG Hamburg vom 8. Februar 2024 als Durchbruch
Das Oberlandesgericht Hamburg schuf am 8. Februar 2024 mit seinem Urteil (Aktenzeichen 7 W 11/24) eine neue Rechtslage für betroffene Arbeitgeber. Die Entscheidung verpflichtet Bewertungsplattformen wie Kununu zur Herausgabe von Verfasserdaten, wenn Unternehmen die Echtheit negativer Bewertungen substantiiert anzweifeln. Das Gericht durchbrach damit das bisherige Schutzschild der Anonymität und etablierte konkrete Auskunftsansprüche. Die Richter stellten unmissverständlich fest: Arbeitgeber müssen sich nicht schutzlos anonymen Angriffen aussetzen, wenn begründete Zweifel an der Authentizität bestehen.
Voraussetzungen für Auskunftsansprüche gegen Bewertungsplattformen
Unternehmen müssen substantiierte Zweifel an der Echtheit der Bewertung darlegen können, um einen wirksamen Auskunftsanspruch durchzusetzen. Das Gericht fordert konkrete Anhaltspunkte gegen die Authentizität (etwa ungewöhnliche Häufungen negativer Bewertungen oder inhaltliche Widersprüche). Die bloße Unzufriedenheit mit einer negativen Bewertung reicht nicht aus. Entscheidend bleibt die Darlegung objektiver Umstände, die Manipulationen oder Fälschungen wahrscheinlich machen. Bewertungsplattformen müssen dann nachweisen, dass ihre Nutzer tatsächlich bei dem bewerteten Unternehmen beschäftigt waren.
Unterscheidung zwischen Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen
Die rechtliche Bewertung hängt maßgeblich davon ab, ob eine Bewertung Meinungsäußerungen oder überprüfbare Tatsachenbehauptungen enthält. Meinungsäußerungen wie “schlechtes Arbeitsklima” genießen grundsätzlich Meinungsfreiheit. Anders verhält es sich bei konkreten Tatsachenbehauptungen über Gesetzesverstöße oder spezifische Vorfälle (diese müssen der Wahrheit entsprechen). Falsche Tatsachenbehauptungen können als üble Nachrede oder Verleumdung strafbar sein. Diese Unterscheidung bildet die Grundlage für das praktische Vorgehen bei der Identifizierung anonymer Verfasser.
Praktisches Vorgehen bei der Identifizierung anonymer Verfasser
Dokumentation und Beweissicherung der rechtswidrigen Bewertung
Die erfolgreiche Identifikation anonymer Verfasser beginnt mit einer systematischen Dokumentation der streitgegenständlichen Bewertung. Sie erstellen Screenshots mit Zeitstempel und erfassen sämtliche Metadaten der Bewertung. Das Landgericht München I fordert in seinen Entscheidungen eine präzise Auflistung der beanstandeten Passagen mit rechtlicher Einordnung. Sie notieren konkrete Formulierungen, die als Tatsachenbehauptungen qualifiziert werden können (etwa Vorwürfe zu Gesetzesverstößen oder spezifischen Vorfällen). Die Dokumentation umfasst den vollständigen Bewertungstext, das Veröffentlichungsdatum, die Bewertungskategorien und eventuelle Unternehmensantworten.

Diese Beweissicherung bildet das Fundament für alle weiteren rechtlichen Schritte.
Gerichtlicher Auskunftsanspruch gegen Kununu durchsetzen
Der Auskunftsanspruch gegen Kununu erfordert einen strukturierten Antrag mit substantiierten Zweifeln an der Bewertungsauthentizität. Das OLG Hamburg verlangt konkrete Anhaltspunkte für Manipulationen oder Fälschungen der Bewertung. Sie legen dar, warum die Bewertung nicht von einem echten Mitarbeiter stammen kann. Typische Indizien sind zeitliche Häufungen negativer Bewertungen nach Kündigungen, inhaltliche Widersprüche zur Unternehmensrealität oder ungewöhnliche Detailkenntnisse. Das Gericht prüft die Verhältnismäßigkeit zwischen dem Informationsinteresse des Unternehmens und dem Datenschutz des Bewerters. Bei erfolgreicher Antragstellung erhält Kununu eine gerichtliche Anordnung zur Herausgabe der Verfasserdaten.
Verwendung der erhaltenen Verfasserdaten für weitere rechtliche Schritte
Die erhaltenen Verfasserdaten ermöglichen gezielte rechtliche Maßnahmen gegen den identifizierten Bewertungsautor. Sie machen Unterlassungsansprüche geltend und setzen Schadensersatzforderungen durch. Bei strafrechtlich relevanten Inhalten wie übler Nachrede oder Verleumdung folgt eine Kununu Strafanzeige mit konkreter Benennung des Täters. Die Staatsanwaltschaft erhält dadurch verwertbare Ermittlungsansätze statt anonymer Anzeigen. Zivilrechtlich setzen Sie Löschungsansprüche, Gegendarstellungen und monetäre Entschädigungen durch. Die Identifikation schafft präventive Wirkung, da potenzielle Nachahmer erkennen, dass anonyme Bewertungsattacken rechtliche Konsequenzen haben. Dennoch stoßen Unternehmen bei der praktischen Umsetzung auf verschiedene Herausforderungen.
Herausforderungen und Grenzen bei der Verfasserermittlung
Technische Verschleierungsmöglichkeiten durch VPN und Anonymisierung
Verfasser nutzen VPN-Dienste und Tor-Browser, um ihre wahre IP-Adresse zu verschleiern und die Rückverfolgung zu erschweren. Diese Technologien leiten den Internetverkehr über Server in verschiedenen Ländern um, wodurch Kununu oft nur ausländische Server-Adressen erhält. Wegwerf-E-Mail-Adressen von Anbietern wie Guerrilla Mail verstärken die Anonymisierung zusätzlich (diese Adressen existieren nur wenige Minuten bis Stunden). Das OLG Hamburg erkannte diese Problematik in seinem Februar-Urteil und verpflichtete Plattformen dennoch zur Authentizitätsprüfung. Der Verfasser muss daher Nachweise an Kununu senden,damit es dem Arbeitgeber möglich ist, die Echtheit der Bewertung zu überprüfen. Tut er das nicht, muss Kununu die Bewertung löschen.Â
Datenschutzrechtliche Abwägungen der Plattformen
Bewertungsplattformen verzögern Auskunftsersuchen durch datenschutzrechtliche Einwände und berufen sich auf die Datenschutzgrundverordnung. Sie argumentieren, dass die Herausgabe von Nutzerdaten unverhältnismäßig in die Persönlichkeitsrechte der Bewertenden eingreife. Das OLG Hamburg schob dem einen Riegel vor.
Schlussfolgerung
Das Urteil des OLG Hamburg vom Februar 2024 verändert die Rechtslage für Unternehmen grundlegend. Erstmals können Arbeitgeber wirksam gegen manipulierte Kununu-Bewertungen vorgehen und deren Verfasser identifizieren. Diese Rechtsentwicklung durchbricht das bisherige Schutzschild der Anonymität und schafft konkrete Handhabe gegen digitale Rufschädigung.
Die erfolgreiche Umsetzung erfordert jedoch spezialisierte juristische Expertise und strategisches Vorgehen. Wir bei sterne-advo Rechtsanwaltsgesellschaft mbH begleiten Unternehmen bei der Durchsetzung ihrer Auskunftsansprüche gegen Bewertungsplattformen. Unsere Erfahrung zeigt: Professionelle rechtliche Begleitung ist entscheidend, um Kununu-Bewertung Verfasser ermitteln zu können und Ansprüche erfolgreich durchzusetzen.
Die präventive Wirkung dieser Rechtsentwicklung zeigt bereits erste Erfolge (potenzielle Verfasser rechtswidriger Bewertungen müssen nun mit Konsequenzen rechnen). Unternehmen erhalten dadurch wirksamen Schutz vor gezielten Reputationsangriffen und können ihre Arbeitgebermarke nachhaltig verteidigen. Die neue Rechtslage stärkt die Position betroffener Arbeitgeber erheblich und schafft Rechtssicherheit im digitalen Reputationsschutz.
Wenn Sie Unterstützung bei solchen Themen benötigen, kontaktieren Sie uns gerne. Wir helfen ausschließlich Arbeitgebern und das aus Überzeugung und Leidenschaft.
Rechtsanwalt
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Jan Meyer ist Rechtsanwalt und Geschäftsführer der auf Reputationsrecht spezialisierten Kanzlei SterneAdvo. Er hat die wegweisende Entscheidung des OLG Hamburg vom 08.02.2024 (Az. 7 W 11/24) gegen kununu gerichtlich erstritten, mit der Bewertungsplattformen verpflichtet wurden, bei Zweifeln an der Echtheit negativer Bewertungen entweder die Identität des Verfassers offenzulegen oder die Bewertung zu löschen. Jan Meyer berät Unternehmer bundesweit bei der konsequenten Abwehr von anonymem Rufmord und dem strategischen Schutz ihrer Reputation.

